Direktor Nationaal Onderduikmuseum

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich freue mich sehr, heute hier bei Ihnen in Münster zu sein. Wir sind hier nämlich richtig zu Hause, eigentlich im eigenen Haus (der Niederlande) und es freut mich, Sie im Namen des Nationalen Untertauch Museums begrüßen zu dürfen.

Onderduikmuseum
Das Onderduikmuseum im Markt 12 in Aalten widmet sich den Themen Freiheit, Untertauchen/Verstecken und Widerstand.Aus guten Gründen, denn während des Zweiten Weltkriegs war es nicht allein das Wohnhaus einer Familie (Familie Kempink). Im Erdgeschoss quartierte sich 1940 die deutsche Ortskommandatur ein und repräsentierte fortan die Fremdherrschaft. Gleichzeitig wurden auf dem Dachboden -in der Höhle des Löwen- Menschen versteckt, die vor den nationalsozialistischen Besatzern hatten untertauchen müssen. Und bei Bombenangriffen – von beiden Seiten!- diente der Keller der ganzen Nachbarschaft als Schutzraum. Damit dokumentiert die Adresse Markt 12 für viele Aaltener quasi „den ganzen Krieg unter einem Dach“ und erzählt die Geschichten gewöhnlicher Menschen in einer dramatischen Zeit.

Seit 2004 dient das Haus nicht nur als Museum sondern als Lern- und Begegnungsort für Niederländer und Deutsche, für Jugendliche und Erwachsene. Wir arbeiten gerne zusammen mit deutsche Kollegen wie dem Haus der Niederlande, Villa ten Hompel, das neue Kult in Vreden und Gedenkstätte Augustachacht, um nur einige zu nennen.

Gerda Brethouwer, Mirjam Huffener, Mirjam Schwartz

Grenzüberschreitender Dialog
Das Museum und andere niederländische Stellen, in Kooperation mit der Euregio, dem Landschafsverband Westfalen – Lippe und dem Kreis Borken, arbeiten so seit Jahren zusammen an etwas Außergewöhnlichem: Ein grenzüberschreitender Dialog über die gemeinsame Vergangenheit und über Lehren aus der Geschichte, über Fragen von Angst und Mut, Anpassung und Rückgrat, Obrigkeitstreue und couragierter Mitmenschlichkeit – über Fragen also, die nicht nur zwischen 1933-un 1945 außerordentlich drängend waren.

Flüchtlinge
Die Ausstellung Warum schreibst du mir nicht lässt die niederländisch-deutschen Beziehungen in ein neues Blickfeld rücken – zugefügt ist ein Einblick über die Schicksale der Flüchtlinge, die zwischen 1933 und 1940 die Grenze der Niederlande überschritten. Und dies im doppelten Sinne des Begriffs, sowohl im deutschen als auch im niederländischen Sprachgebrauch. Die zunehmende Verfolgung von Juden, Sozialisten, Kommunisten und auch Personen, die nicht mit dem neuen Regime einverstanden waren, brachte zwischen 1933-1940 einen Flüchtlingsstrom aus Deutschland unter anderem auch in die Niederlande in Gang.Die Ausstellung, stellt somit auch die berechtigte und ganz aktuelle Frage, wie wir uns verhalten zu der Parallele damals und jetzt: Flüchtlinge In Sicherheit und Willkommen? Wir wissen alle Bescheid über die Ereignisse der Vergangenheit, wir sehen was jetzt passiert.

Wolfgang und Thea
Die persönlichen Geschichten führen uns hin und her, auch in doppelten Sinne des Begriffs, denn die Auseinandersetzung mit gerade den Geschichten von damals berühren uns.So war ich persönlich sehr berührt durch die Geschichte von Wolfgang und Thea, aber auch von Rauand Taleb der darüber erzählt, er selbst ist als fünfjährige Junge zu uns geflohen. Er ist jetzt ein renommierter Schauspieler im Deutschland. Das ist es, was die Ausstellung vermag, uns Eintritt zu gewähren in das Leben der Menschen und uns verstehen zu lassen, dass die Vergangenheit nahe ist und das wir jeden Tag kleine oder große Wahlen haben, Entscheidungen treffen müssen. Manchmal mit großer Bedeutung. „Warum schreibst du mir nicht “ ist eine besondere Ausstellung, die von einfachen Menschen und deren Entscheidungen, getroffen oft unter Lebensgefahr, handelt.Es sind bemerkenswerte Geschichten von einfachen Menschen, die in den Dörfern in der niederländischen Region Achterhoek ankamen. Das Schicksal der Flüchtlinge war abhängig von ihrer eigenen Situation, aber noch mehr von den Menschen und Entscheidungsträgern, die ihnen halfen und manchmal auch die gegebene Situation für sich selbst ausnutzten.

Zukunft
Deutsche Geschichte und die Geschichte der Niederlande sind aufs Engste miteinander verwoben. Diese Ausstellung, die heute hier in Münster an diesem Ort des Friedens! eröffnet wird, ist ein Mittel, diese Verwobenheit auf anschauliche Weise zu vermitteln – wie es sich auch unser Museum in Aalten zur Aufgabe gemacht hat.

Mit den bekannten Worten von Wilhelm von Humboldt – allerdings in von mir angepasster Form, möchte ich enden: „Nur wer die gemeinsame deutsch-niederländische oder auch niederländisch-deutsche Vergangenheit kennt, hat eine gemeinsame respektvolle und freundschaftliche Zukunft“.

Haus der Niederlande , Münster, 28. November 2017