Ceija Stojka wird 1933 in Österreich geboren. Ihre Eltern Wakar Horvath und Sidi Stojka ziehen mit ihren sechs Kindern in einem Wohnwagen durch das ganze Land. Die Familie gehört zu den Sinti.

Ceijas Vater handelt mit Pferden. Er steht rechts auf diesem Foto mit seinem kleinen Sohn Hans.

Mutter handelt mit Textilien und Spitzen. Sie verdient etwas dazu als Wahrsagerin. V.l.n.r. Sidi Stojka, Ossi, Karl, Ceija, Mitzi und Hansi.

Als Ceija fünf Jahre alt ist, wird Österreich von Nazi-Deutschland eingenommen. Jetzt gelten auch für sie die Nürnberger Rassengesetze: Juden, Roma und Sinti werden zu Untermenschen erklärt. Ab 1939 darf die Familie von Ceija nicht mehr frei herumreisen. Sie finden einen unauffälligen Platz in der Nähe von Wien, und Vater Wakar baut den Wohnwagen zu einer Hütte um.

1941 beginnen die Deportationen in die Ghettos und Konzentrationslager in Polen. Vater Wakar wird im Konzentrationslager Dachau eingesperrt. Danach folgen andere Lager. Anders als die meisten Sinti und Roma kann er schreiben. In seinen Briefen umgeht Wakar die Zensur, indem er Wörter aus dem Romani verwendet. So berichtet er mit der unschuldig wirkenden Frage “Wie geht’s denn Katte Mundaren?”, dass in den Lagern Menschen ermordet werden. Das Romani-Wort ‘mundaren’ bedeutet ‘töten’.

Wakar wird Ende November 1942 in der ‘Euthanasie’-Anstalt Hartheim ermordet.

Die Stojkas dürfen ihre Hütte nicht mehr verlassen, die Gestapo baut einen Zaun drum herum. Oft kommt die SS mitten in der Nacht zur Kontrolle. Ceija erinnert sich an das plötzliche Licht ihrer Taschenlampen in ihrem Gesicht. Mutter Sidi beschließt, dass sie ihren alten Wohnwagen besser verlassen können. Sie verstecken sich zunächst in einem Park, dann bei Verwandten und tauchen schließlich in einem Arbeiterviertel in Wien unter.

Im März 1943 werden sie hier verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Bei der berüchtigten Selektion nach Ankunft gelingt es Sidi, zusammen mit fünf ihrer Kinder der Gaskammer zu entkommen. Sie werden in die Arbeitsbaracken geschickt. Nur der jüngste, Ossi, darf nicht bei ihnen bleiben. Er wird für medizinische Experimente gebraucht und wird dies nicht überleben.

Der Rest der Familie überlebt den Krieg wohl. Die anderen Verwandten, circa zweihundert, werden alle ermordet.

Ceija Stojka, 7 Jahre alt

Rückkehr
Die Stojkas kehren nach Kriegsende über verschiedene Routen zurück nach Wien. Vom Wohnwagen ist nichts mehr übrig, aber sie bekommen das Haus der Nazis, die geflohen sind. Ceija Stojka geht auf eigene Initiative eine Weile in die Schule, und lernt bis zu einem gewissen Grad schreiben.

1948 erhalten österreichische Nazis, die keine ‘schweren’ Kriegsverbrechen begangen haben, Amnestie. Viele von ihnen kehren zurück. Die Stojkas müssen ihr Haus wieder abgeben und ziehen bis 1958 wieder mit Pferd und Wagen herum. Dann mietet Ceija ein Haus in Wien, wo sie mit ihren drei Kindern wohnt.

Um 1985 behaupten immer mehr Menschen, dass die Geschichten über Auschwitz eine Erfindung seien. Das bringt Ceija dazu, ihre Erinnerungen an die Lager aufzuschreiben. Sie schreibt schlecht lesbar und gibt ihren Dialekt phonetisch wieder. Eine Frau, die sie ein paar Mal interviewt hat, Karin Berger, macht ein Buch daraus: Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin. Dieses Buch öffnet vielen die Augen für die Verfolgung und Vernichtung von Sinti und Roma.

Ceija Stojka starb am 28. Januar 2013.

© Fotos der Familie Stojka aus Privatarchiv Erben Ceija Stojka: Hojda Willibald Stojka, Wien
© Foto von Ceija Stojka aus einer der Indexkarten der Familie, gemacht für die rassistische „besondere Registrierung“: Bundesarchiv, Berlin